Ich komme auf der Insel an und mein Zeitgefühl verändert sich sofort. Ich fühle mich wie ein Kind in den Sommerferien. Zeitlos. Ab einem bestimmten Punkt hättest du mich fragen können, wie lange ich bereits hier bin, in der liebevoll verrückten Yoga-WG bei YOGAmar und ich kann nur mit den Schultern zucken. Drei Tage? Drei Wochen? Ich weiß es nicht, es ist egal. Ich bin einfach hier. Ich bin. Und kann einfach sein. Es ist wunderbar.


Ich lande in einer lustig entspannten Yoga -WG. Mein Sternzeichen ist Jungfrau und mein Aszendent ebenfalls. Ich bin strukturiert und ordentlich und ich bin unendlich froh über meine jahrelange Yogapraxis, die mich flexibler und leichter gemacht hat, im Geist. Denn hier geht es lustig zu und ein bisschen chaotisch, zwischendurch. Wir sitzen zu dritt am Tisch. Gleich findet eine Yogastunde statt. Wir sind alle hier und schauen uns an, einer von uns wird aufstehen und sich selbstverständlich auf den Weg in die Yogaschule machen, denn das teilen wir hier: Yoga und die Liebe, den Yoga zu den Menschen zu bringen, die mutig genug sind, sich darauf einzulassen.

Hinter den Kulissen der Yogaschule und der Yogareisen, der professionellen Yogastunden im herrlich kühlen Yogaraum an der Strandstraße oder im einladenden Ambiente des luxuriösen Vju Hotels oder am besten auf der Sonnenterasse mit Blick auf das Meer, liegt Adam, Gastyogalehrer aus Israel, im Wohnzimmer auf dem Boden. Er hat Nackenschmerzen und Frithjof beginnt ihn zu massieren.
Hinter den Kulissen wird am Morgen Yoga praktiziert, auf dem Teppich, auf dem jetzt Adam liegt und sich vor Lachen krümmt und darum bettelt, Frithjof möge aufhören, die Punkte, an denen er so kitzelig ist, auszusparen. Aber Frithjof bleibt ganz streng. Auch diese Punkte seien wichtig, es gehe hier nicht ums kitzelig sein, es gehe hier um Energieflüsse. „Just relax“ höre ich Frithjofs ruhige, tiefe Yogastimme, mit der er normalerweise jeden noch so resistenten Mediationsabstinentsler durch die Lichtmeditation zu leiten vermag. „But – I – can’t – relax“ höre ich Adams gepresste Stimme flehen. Irgendwann frage ich die beiden, wie lange sie schon verheiratet sind. Sie lachen.

Jenseits der liebevoll von Norbert und Frithjof geführten Radtouren und Wanderungen, die viel fürs Auge und viel Hintergrundwissen über die Insel Rügen bieten, diskutieren wir beim besten Eis von Baabe über die Kleshas und das Yogasutra und ob der Yoga uns dabei helfen kann, wichtige Entscheidungen, die das Leben uns abverlangt, zu treffen.
Der Yoga schwingt hier die ganze Zeit mit. Authentisch und voller Herzblut, so wie ich es liebe, wenn ich Yogamenschen treffe.

Die Gruppe der Yoginis die ich unterrichten darf sind „Wiederholungstäterinnen“ (bereits zum 5. Mal bei YOGAmar) und Vollblutanfängerinnen. Meditiert haben sie alle bislang nicht so wirklich, sagen sie. Und lassen sich vollkommen ein, Vertrauen sich uns an – oder dem Yoga – sehen von Tag zu Tag entspannter und gelöster aus, dank Insel, Strand, Meeresrauschen, Bewegung und ruhiger werdendem Geist. Sie sitzen aufrecht und still, als hätten sie nie etwas anderes gemacht und können hoffentlich diese Entspannung und gute neue Gewohnheiten mitnehmen in ihren Alltag. Vielleicht finden sie ihren persönlichen Ashram auch Daheim, zwischen Arbeiten gehen und Staubsaugen. Das wünsche ich ihnen von Herzen.
Om Bolo Sat Guru Bhagavan Ki. Ich lerne von allen, denen ich hier begegne. Von Frithjof und von jeder der Schülerinnen. Ich bin vollkommen entspannt und fühle eine Ruhe in mir und eine Gewissheit, dass das Leben gut ist. Ich verlasse – nach drei Tagen, oder drei Wochen oder waren es drei Monate? – die Insel. Und möchte bald wieder hier sein. Bei YOGAmar.
Hari om tat sat.
Als ich vor fünf Jahren meine Yogaausbildung gemacht habe, in einem Intensivkurs an der Ostsee – seitdem fühle ich mich mit der See hier merkwürdig verbunden – und ganz schüchtern zuerst (natürlich nur für mich, um mein Wissen zu vertiefen) und ob ich jemals unterrichten möchte? Das wusste ich damals noch nicht. Der Yoga ist so groß und ich bin so winzig, ich habe mich demütig gefühlt und würde ich jemals „gut genug“ sein, um ihm gerecht zu werden, im Unterrichten? Damals habe ich mir nicht zu träumen gewagt, dass ich eines Tages meine Urlaubsreisen mit der wunderbarsten Tätigkeit verbinden würde, die ich mir inzwischen vorstellen kann. Doch, ein bisschen habe ich damals schon davon geträumt, auch ganz schüchtern zuerst und natürlich nur für mich. Inzwischen ist es wahr geworden. Ich darf an die schönsten Orte Reise. Die Insel Rügen zählt für mich persönlich zu einem der schönsten Fleckchen auf dieser Erde. Ich darf hier mein Yogawissen und meine Yogaerfahrung an andere Menschen weitergeben.
Wenn ich heute auf meiner Matte stehe, den Yoga hinter mir wie eine große Kraft, dann fühle ich mich noch immer klein und unwissend und frage mich, wie ich dieser Kraft gerecht werden kann. Doch ich liebe es so sehr, dass für andere erlebbar zu machen, was ich gelernt habe. Wann immer ich in entspannte Gesichter blicke und das Gefühl habe, ein Mensch hat sich gerade Zeit für sich selbst genommen und vielleicht dabei etwas (über sich) gelernt, und ich durfte ihn dabei begleiten, dann trägt mich das gute Gefühl, der Welt etwas Sinnvolles geschenkt zu haben.